Der 100 jährige, der aus dem Restaurant kam und hustete…

Wenn ich mit meinem Grossvater essen gehe, dann klebe ich förmlich an seinem Mund und schaue zu, wie sich Lippen, Kiefer und Kehlkopf bewegen. Ungewollt gehe ich in meinem Kopf die Punkte durch, welche für eine Schluckstörung sprechen könnten: benötigt er mehr Zeit beim Essen, beginnt er zu räuspern oder zu husten? Tränen seine Augen oder ist gar seine Stimme belegt? Viele weitere Punkte können den Verdacht auf eine Schluckstörung (Dysphagie) erhärten: tritt während dem Essen Nahrung aus dem Mund oder der Nase aus, zeigt sich ein ungewollter Gewichtverlust über die letzten Wochen oder besteht ein Fremdkörpergefühl im Hals?

Essen und Trinken, das hat im Leben meines Grossvaters einen grossen Stellenwert eingenommen. Sind ihm altersbedingt viele Aktivitäten verwehrt, bedeutet für ihn das Essen Lebensqualität. Am liebsten isst er ein „währschaftes“ Schweizer Menu mit Fleisch, Gemüse und Nudeln zu dem auch ein gutes Glas Wein gehört. Das Menu nach seiner Konsistenz auszuwählen, das würde meinem Grossvater nicht in den Sinn kommen. Dabei wären kleingeschnittene, weiche Speisen, welche keine Mischkonsistenzen enthalten, deutlich einfacher zu schlucken. Nun ja, insgesamt macht er das wirklich gut und ist auf eine Kostanpassung auch nicht zwingend angewiesen.
Er gehört nicht zu den 10-30% der über 65-jährigen, die an einer Schluckstörung leiden. Man spricht hier von einer Altersschluckstörung (Presbyphagie). Die Ursachen sind altersgemässe Organveränderungen, wie beispielsweise Zahnverlust, Verringerung der Muskelkraft, verminderte Speichelproduktion, herabgesetztes Durstgefühl oder reduzierte Geruchs- und Geschmackswahrnehmung. Bekannt sind auch sekundäre Presbyphagien. Bei diesen ist die Schluckstörung auf eine Erkrankung zurückzuführen, die vorwiegend im höheren Lebensalter entsteht, beispielsweise Kopf-Hals-Tumore oder Schlaganfälle.
Und obwohl sich mein Grossvater ziemlich gut schlägt mit dem Essen brennt es mir unter den Nägeln, ihm ein paar Tipps zu geben:

·        Gute Sitz- und Kopfkontrolle
·        Sich Zeit nehmen zum Essen
·        Nur kleine Bissen/Schlucke nehmen – nachschlucken
·        Nur sprechen, wenn der Mund leer und alles geschluckt ist
·        Essen und trinken trennen
·        Bei Verschlucken kräftig husten – nicht unterdrücken
·        Speiseresten entfernen, gute Mundpflege nach dem Essen

So kann er sich noch lange am „Züri-Gschnätzleten“ freuen!

Esther Zürcher

www.dysphagie.ch/deutsch/infos-für-fachleute/schlucken-im-alter/

Quelle: DLF Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband

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